Im Stadl rund unter der Festung ist er bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund. Karl Seewald, Urgestein des Kufsteiner Unterhaltungsbetriebes. Seit Jahrzehnten immer und überall dabei. Jetzt wird er neunzig, Anfang November, sein großes Jubiläum begeht er in der Seemühle in Kranzach. Und daher heißt es auch am Sonntag, dem 20. Oktober ab 17 Uhr: „Feelings mit Piano Charly“.
Karl Seewald und die Musik sind nicht auseinanderzuhalten. Hochmusikalisch hat er als Bub schon Flausen in Kopf gehabt und wollte aus seiner Passion den Beruf formen. Aber erst einmal bürgerlich agieren. Matura am Kufsteiner Gym im Hungerjahr 1949. Unternehmungslustig genug, um vor 70 Jahren als Maturareiseziel just das ferne Rom anzusteuern. Es hat geklappt. Die Klasse fuhr ohne einen Hosenknopf an Devisen im Gepäck nach Rom. Schlief im Kloster und „speiste“ auf der Straße. Eine Gaudi war es, noch heute lachen die „Überlebenden“ über diesen genialen und zugleich kühnen Einfall, wenn sie sich regelmäßig treffen. Fit wie die Turnschuhe. Rom sehen und ewig leben. Ein christliches Motto …
Seewald erlernte das Optikerhandwerk. Bald hatte er genug gesehen, er brauchte keine Brille und sattelte auf Musik um. Klavier als erstes Instrument. Nur nachts in Bars rumhängen war aber nicht sein Ziel. Unmittelbar neben dem Auracher Löchl eröffnete er in der Römerhofgasse eine Handlung für Musikalien. Ein Novum mit Alleinstellungsmerkmal. Und er verkaufte den Touristen die Schellackschallplatte mit dem „Kufsteiner Lied“. Die legendäre und seit Jahrzehnten vergriffene Originalfassung mit Gasser und Stadlmaier. Im Internet unterdessen gehandelt wie die Blaue Mauritius.
Was dem Finanzamt damals von alledem erzählt wurde, lassen wir mal dahingestellt. Verjährt. Aber die schnittigsten Sportwagen gehörten dem rundum tüchtigen, erfolgreichen und ehrgeizigen Piano Charly. Mit 75 und mehr PS (damals sagenhaft) düste er zum Hechtsee, blutjunge blonde und langbeinige schwedische Touristinnen haben heute noch das Gefühl, sie müssten damals von Jochen Rindt persönlich zum Baden kutschiert worden sein. Und die Postautofahrer, die die geschotterte Hechtsestraße mühsam nach oben orgelten mit dem uralten gelben Gräf&Stift-Bus, 14 Prozent Steigung, hatten ihre ganz persönliche Wertvorstellung von diesem Narren …
Tempi passati. Die Musik prägt sein Leben. Ohne Unterbrechung. Kein Platz, an dem er noch nicht Musik gemacht hat. Hochprofessionell, unverwechselbar. Ohne eine einzige Unterbrechung, kerngesund. Kleiner Mann ganz groß. An jedem Wochenende hat er sein festes Engagement in der Nähe von Kitzbühel in einem eleganten Restaurant. Die Hausbälle OHNE ihn ließen sich früher an einer Hand abzählen, mit den „Swingin‘ Generations“ lockte er Generationen vom swingbegeisterten Kufsteinern aus dem gutbürgerlichen Haus. Piano Charly ist längst Österreichs dienstältester Barpianist, keine Konkurrenz weit und breit. Und in ganz Europa wird es auch nicht so umwerfend viele Neunzigjährige geben, die als Pianisten für ein Event geordert werden und die entspannt sagen können: „Muss ich aber erst mal schauen, ob ich für sie noch eine Nacht frei habe.“
In der Seemühle hat er zugesagt: Stammgäste kennen ihn, im Ensemble und als Solisten. Das Klavier ist auf seinen speziellen Sound abgestimmt. Die Kerzen brennen, die Bar ist bestückt, es gibt ein Buffet zur „Happy Hour“.
Und der gute alte Piano Charly macht die Musik: „Feelings …“
Info unter 0664 2425496
Reservierung erbeten.Köss