Jeden naturverbundenen Menschen zieht es raus ins Freie, auch uns Reiter mit unseren Pferden. Was jedoch für Andere selbstverständlich ist, gilt für uns Reiter leider nicht! Die Toleranz unserer Mitmenschen, wo und wie wir uns aufhalten dürfen, ist eher gering und manchmal sogar mit Gefahren für uns verbunden.

Um unsere Pferde aber so artgerecht wie möglich auszulasten, brauchen sie abwechslungsreiche Bewegung. Was bietet sich daher besser an, als raus in die Natur zu reiten. Jedoch auf asphaltierten Wegen. Um dem Berufsverkehr nicht in die Quere zu kommen, benutzen wir so gut es geht die Nebenstraßen.

Doch auch hier ist allerhand los:
Bereits nach kurzer Zeit kommt das erste Auto von hinten an uns herangerauscht. Der Fahrer hat ein knackiges Tempo drauf und ich hoffe, er sieht uns! Rechtzeitig bremst er ab. Allerdings ist der Fahrer trotzdem ungehalten; er hat es scheinbar eilig. Von Abstand halten keine Spur. Die Straßen sind eng, keine zwei Autos kommen ohne Ausweichen aneinander vorbei. Ich sehe mich um, ob ich irgendwo seitlich ausweichen kann. Leider nein, Weidezaun (Stacheldraht oder Elektrozaun) zu beiden Seiten. Der Autofahrer wird immer ungeduldiger. Irgendwann drängelt er sich mit fast gar keinem Abstand an uns und den Pferden vorbei. Gut, dass mein Pferd keine Platzangst und sich nicht bedroht gefühlt hat. Das hätte eine kaputte Autoscheibe bedeuten können oder eine Verletzung meines Pferdes durch den Zaun.

Pferde sind Fluchttiere, daher gilt bitte immer, hinter dem Pferd ca. 5 m und seitlich 1,5 bis 2 m Abstand halten!

Kaum ein gutes Stück weiter kommt eine Baustelle. Die lauten Geräusche verunsichern die Pferde. Woher kommt das? Ist es gefährlich? Wir versuchen unsere Pferde so ruhig es geht mit Abstand daran vorbei zu reiten. Die Bauarbeiter sind sehr verständnisvoll und halten ihren Bagger kurz an. Ich freue mich sehr darüber und winke ihnen dankend zu. Der entgegenkommende Autofahrer hingegen rauscht mit grimmigem Gesichtsausdruck an uns vorbei. Zum Glück sind unsere Pferde ruhig geblieben.

Endlich kommt neben uns und an der Straße gelegen ein Stück Wiese ohne Umzäunung. Genau richtig um die Pferde mal auf weichem Boden und am Rand ein Stück traben zu lassen. So können sie Stress und Anspannung der vorigen Situationen abbauen. Kaum getan sieht uns auch schon der Besitzer und beschimpft uns, dass wir sein Feld kaputt machen würden! Ich sehe zum Boden hinab am Wiesenrand auf dem wir getrabt sind: Kein Gras, lediglich braune Furchen, Kies und tiefe Reifenspuren von Autos, die hier ausweichen…
Also geht es weiter auf der Straße und dem Asphalt.
Plötzlich fegen von hinten einige Mopeds an uns heran. Fehlzündungen und lautes Knattern ohne Ende. Mein Pferd scheut! Es erinnert sich an viele Silvesternächte wo es von allen Seiten beschossen wurde! Der Fluchtinstinkt bricht aus! Wieder befindet es sich unter Beschuss. Aber diesmal ist es nicht im Stall eingesperrt und muss sich nicht panisch und verängstigt an die Boxenwände werfen, diesmal kann es davonlaufen! Egal wohin, Hauptsache weg, selbst wenn es in den Gegenverkehr ist. Ich behalte mein Pferd mit Mühe unter Kontrolle, handle mir aber bitterböse Blicke der Autofahrer ein.

Es ist Winter. Die Nebenstraßen sind geräumt und dadurch spiegelglatt. Unsere Pferde laufen wie auf rohen Eiern. Jeder Schritt muss gut ausbalanciert sein, damit wir nicht stürzen. Neben uns sind die zugeschneiten Wiesen. Gefrorener Boden, geschlossene Schneedecke. Kein Grashalm mehr zu sehen. Endlich ein wenig Ausweichmöglichkeit! Wir lassen die Pferde in den Tiefschnee weichen und sie am Rand galoppieren. Endlich Bewegung, flott und ohne Angst auszurutschen! Ein befreiendes Gefühl für Pferd und Reiter.
Kaum haben wir durchpariert kommt auch schon die nächste Rüge: Wir machen die Wiesen damit kaputt, wir sollen das lassen … Ich sehe mir die verschneiten Flächen an und lasse traurig mein Pferd auf der eisigen Straße heimgehen.

Doch kaum am Stall angekommen, gehen dann auch schon Beschwerden ein, dass überall auf der Straße Pferdemist liegt!
Wie man sich in einer ländlichen Gegend darüber so aufregen kann verstehe ich nicht. Mein Pferd ist ein reiner Veganer. Der Pferdemist ist in keiner Weise mit Verschmutzungen durch Hundekot, Zigarettenkippen, Plastik oder Hausmüll zu vergleichen! Pferdemist ist sogar ein gern genutzter Dünger (siehe auch Wikipedia). Nichts desto trotz steigen wir unterwegs ab und schieben den Mist auf die Seite. Trotzdem bleibt es scheinbar ein Ärgernis für einige Mitmenschen.

Ich bin ehrlich traurig. Wie gerne würde ich, weg vom Verkehr, auf nicht asphaltierten Wegen reiten und die Natur genießen können wie jeder Wanderer, Tourengeher oder Radfahrer. Aber nicht einmal einen halben Meter am Wiesenrand dürfen wir benützen…

Die in diesem Artikel beschriebenen Situationen sind nur ein kleiner Einblick in den Alltag eines Reiters hier im Kaiserwinkl. Natürlich gibt es auch viele freundliche Mitmenschen, die sich daran erfreuen, uns und unsere Pferde zu sehen! Der Artikel ist vor allem zur Aufklärung gedacht und möchte dazu anregen, zu einem toleranteren Miteinander zu finden.
Vielleicht gibt es ja auch die Möglichkeit gemeinsam neue Wege zu gehen?

Claudia M.