Der Beginn des Fremdenverkehrs in Kössen

Am 24. April 1893 wurde in Kössen der Verschönerungsverein gegründet. Die Initiative dazu ging vom Gastwirt Josef Lettenbichler aus, der auch zum ersten Obmann des Vereins gewählt wurde.
Anfangs gab es Probleme mit den Statuten. Es musste ein Verein angegeben werden, der im Falle der Auflösung des Verschönerungsvereins dessen Vermögen bekommen sollte. Dabei wurde die Freiwillige Feuerwehr angegeben. Das genügte der Behörde allerdings nicht, es musste ein zweiter Verein in den Unterlagen stehen, falls es die Feuerwehr nicht mehr geben sollte. Daraufhin wurde die Armenkasse von Kössen als Ersatz-Empfänger angegeben.

Keine politischen Reden

Wer Rang und Namen hatte, der wurde Mitglied beim Verschönerungsverein und so zählte man 1908 bereits 100 Mitglieder. Jeder hatte einen kleinen finanziellen Beitrag zu leisten, zudem rechnete man auf selbsttätiges Schaffen einzelner Verschönerungsfreunde und auf freiwillige Beiträge und Legate und insbesondere auf den Großmut der Fremden, für welche die Verschönerung schließlich gedacht war. Extra hervorgehoben wurde in den Statuten auch, dass es bei den Versammlungen strengstens untersagt war, politische Reden zu halten. Zuwiderhandelnden drohte der sofortige Ausschluss aus dem Verein.
Aus einem Reisebericht des Jahres 1883 ging hervor, dass es in Kössen bereits mehrere gut geeignete Gasthöfe zur Aufnahme von Gästen gab und dass im Hotel Post eine Wanderkarte ausgehängt war. Zu der Zeit war es auch üblich, dass in den Medien von den verschiedenen Wander- und Rastmöglichkeiten berichtet wurde. In der Österreichischen Touristenzeitung vom Jahre 1881 bezeichnete man Kössen als kleines Dorf, das aber unter den Geologen weit und breit in Europa bekannt sei. Diese bezogen sich hierbei auf die in der Alpengeologie soge­nannten Kössener Schichten, ein dünn geschichtetes, mergeliges Kalkgestein von dunkler Farbe aus der Oberen Trias. Bekannt sind diese auch wegen ihrer reich­haltigen Fossilienführung. 1895 bezeichnete man in einem Buch die Wanderung von Marquartstein nach Kössen als eine der schöns­ten Eintrittsrouten nach Tirol.
In Tirol wurden statistische Erhebungen des Fremdenverkehrs, insbesondere über die Zahl der anwesenden Fremden, erstmals 1890 vorgenommen und so weiß man, dass im Juli und August 1890 in Kössen 110 Personen genächtigt hatten. Sechs Jahre später waren es bereits 200 Ankünfte. In fünf Gasthäusern standen 30 Fremdenbetten bereit. Für Urlaubsaktivitäten sorgten zwei Zweispanner und ein Bergführer.

 

Zwei Badeanstalten

1910 wurde laut dieser Statistik der Höchststand vor dem ersten Weltkrieg erreicht. Man zählte 2.252 Personen, davon 637 aus Tirol, 318 aus den anderen österreichischen Kronländern und 1.290 Personen aus dem Deutschen Reich. Die Zahl der Gasthöfe war mittlerweile auf 15, die der Fremdenbetten auf 355 und die der Kutschen auf zwölf angestiegen. Zwei Badeanstalten gab es auch bereits.
Ab 1911 wurden auch die Wintermonate in die sta­tistische Erhebung einbezogen. 127 Wintergäste ka­men damals nach Kössen.
1914 kam zu den mittlerweile 18 Kutschen im Ort das erste Automobil dazu. Die Gemeinde zählte um 1910 fast 2.000 Einwohner. Bezogen auf diese Zahl wies Kössen 1912 mit 17 Gastbetrieben eine überdurchschnittliche Dichte auf. Der zunehmende Fremdenverkehr brachte es mit sich, dass auch Private ihre Zimmer und Wohnungen vermieteten.

 

Viele Gespräche – ohne Erfolg

Wie bereits in der letzten Ausgabe über den Tourismusverband Walchsee erwähnt, gab es um das Jahr 1900 herum intensive Bemühungen, eine Bahn­linie nach Kössen zu errichten. Zuerst kam man zur Ansicht, dass diese über Kufstein und Walchsee laufen sollte, dabei hob man die Bedeutung des Fremdenverkehrs von Deutschland her in Betracht. Von Seiten des Ministeriums wurde dann allerdings ein zweites Bahnprojekt, und zwar von St. Johann nach Kössen, eingereicht. Es gab eine Versammlung in Ebbs, an der auch der Präsident des Landesverbandes für Fremdenverkehr teilnahm. Dort haben die beiden Kössener Vertreter der Linie St. Johann – Kössen den Vorzug gegeben und betonten die Notwendigkeit, Kössen an die Bahnlinien Salzburg – Wörgl anzuschließen. Im Interesse des Fremdenverkehrs aus Wien. In der Zeitung konnte man danach lesen: „Man kann nur wünschen, dass überhaupt etwas geschieht und zwar möglichst bald und dass nicht vor lauter Streiten, welche Bahn die bessere sei, schließlich gar keine zur Ausführung kommt.“ Wie recht sollte dieser Reporter haben.
Mit dem ersten Weltkrieg geriet das Bahnprojekt in Vergessenheit.

 

Erste Allee gepflanzt            

Zur Arbeit des Verschönerungsvereins zählte es, für Blumenschmuck zu sorgen und auch Bäume wurde gepflanzt. So wurde bereits 1897 die Pflanzung einer Allee von der Landbrücke ins Dorf vorgenommen.
1908 wurde eine weitere Allee vom Dorf bis zur Schlechterhöhe angelegt und am 9. Mai des Jahres eine „Jubiläumslinde“ in der Nähe der Badeanstalt in Waidach gepflanzt.

 

Wintersportzentrum Kössen

Ab 1911 fasste der Wintersport in Kössen Fuß. Der Verschönerungsverein veranstaltete das erste Preisrodeln am Riedlberg. Die sonnige Lage Kössens und die reine Winterluft lockten immer mehr Menschen aus den nebligen flachen Ländern zum Winteraufenthalt an. Im Hausprospekt des Hotels Kapelle wurde damals Kössen als einer der ersten Wintersportplätze Tirols bezeichnet. 1912 kam es zur Gründung des „Skiklubs Kössen“. Dieser, sowie der Sportklub  und der Alpenverein, unterstützten auf ihre Weise die Tätigkeit des Verschönerungsvereins. Der Skiklub markierte die Skitouren-Strecken am Unterberghorn und am Fellhorn. Er schuf mit „allem Komfort“ ausgestattete Sportanlagen. Ein Senioren- und ein Junioren-Skisprunghügel wurde gebaut. Es gab eine 1.200 Meter lange Bobbahn, mehrere Rodelbahnen sowie einen Eislaufplatz. Dort konnte man auch Eisschießen und Eishockey spielen. Die Sportgeräte konnten vom Sportklub ausgeliehen werden. Die Musikkapelle und der Theaterverein rundeten das Angebot für die Gäste ab.
Wie ein Kartenhaus brachen alle Hoffnungen und Pläne für künftige gute Saisonen mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs zusammen.

 

Hamster-Tourismus

Nach diesem Krieg ging es vor allem darum, genügend Lebensmittel für die eigene Bevölkerung aufzubringen und so wurde die Zahl der Gäste auf 100 beschränkt. Diese Gäste kamen aber weniger zur Erholung, als um Lebensmittel zu hamstern, wodurch die Abneigung gegen diese Gäste wuchs. Das Bestreben, den Fremdenverkehr wieder anzukurbeln und an die Verhältnisse von 1914 anzuknüpfen, fand sich in erster Linie bei den Wirten. Für sie galt es wieder Pionier­arbeit zu leisten, wobei vor allem die zurückhaltende Einstellung zum Fremdenverkehr bei der Bevölkerung zu überwinden war. Die Wirte kämpften mit finanziellen Problemen und es häuften sich Besitzerwechsel. Im August 1928 wurde der Verschönerungsverein in einen Verkehrsverein umgewandelt. Seit damals gibt es auch die Pflichtbeiträge.
Aufgrund strenger Einreisekriterien nach dem Krieg nahm der Fremdenverkehr auch acht Jahre nach dem Krieg nicht den nötigen Schwung auf. Als man diese Visumpflicht mitsamt einer Gebühr änderte, wirkte sich das auf die Sommersaison 1925 positiv aus. Zudem wurde eine Buslinie eingerichtet, sodass die Anreise nach Kössen – trotz fehlender Bahn – möglich war. In diesen Jahren gab es unzählige Verkehrsgespräche und in Kössen drängte man darauf, die Klobensteinstraße, die Verbindung Chiemgau – Kitzbühel bzw. zur Felbertauernstraße zu errichten. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit gab es schließlich die Genehmigung zur Errichtung dieser Straße und auch die Zusicherung zur Finanzierung. Der Tiroler Abschnitt wurde bald fertiggestellt, doch in Bayern zögerte man und es dauerte schließlich 20 Jahre, bis es auch dort soweit war.

In der nächsten Ausgabe geht es weiter mit der Schilderung der Nachkriegsjahre und dem steten Aufbau in Kössen.

 

-be-